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Ich war ein Angsthase im Wasser
An ihren Schwimmunterricht erinnern sich viele von uns noch heute mit Grauen. Egal, ob schon ein paar Züge gelangen oder nicht, ins tiefe Wasser springen musste jeder. Da mochte er vor Angst noch so schreien. Ulf Joraschkewitz war auch so ein „Angsthase“ im Wasser. „Ich habe nie so viel geschwänzt wie in der 4. Klasse im Schwimmunterricht“, erinnert er sich. „Ich bin mit Todesverachtung hingegangen und bekam letztlich keine Schwimmstufe.“
Wäre Ulf Joraschkewitz heute nicht einer der beliebtesten Schwimmlehrer in Schwerin, würden wir an dieser Stelle zu einem anderen Thema übergehen. Aber so ist die Neugierde natürlich groß, wie es mit dem Jungen weiterging. Nun, der kleine Ulf sollte in der 6. Klasse zur Sportschule, damals KJS genannt. Er war nämlich in Wirklichkeit eine Sportskanone, ein pfeilschneller Sprinter. Doch ohne Schwimmstufe war daran nicht zu denken. So machte er sie doch noch mit Hängen und Würgen. Und dann passierte es: „Unser KJS-Trainer scheuchte uns in die Schwimmhalle und zeigte, wie es richtig geht. Innerhalb eines Jahres war ich ein guter Schwimmer und wenig später sogar Rettungsschwimmer.“
Dass er später DDR-Spartakiade- Sieger über 400 Meter wurde, erwähnt er bescheiden am Rande. Obwohl Ulf so gute Leistungen erbrachte, war es in der 10. Klasse mit der Sportl erkarriere vorbei. Eines Tages saß sein Trainer bei Familie Joraschkewitz auf dem Sofa und sagte, dass Ulf wegen nicht leistungsgerechter Lebensweise aufhören müsse. „Da ging mein Papa auf die Barrikaden“, erinnert sich der Schweriner. „Schließlich gaben die zu, dass es aus kaderpolitischen Gründen sei. Ich hatte nämlich eine Oma, die im Westen lebte. Ich hab auch sonst gelebt wie ein Westkind und nie Schlager Süßtafel gegessen.“
Von heute auf Morgen muss sich Ulf eine neue Schule suchen. Nach dem Abitur möchte er Sport studieren. „Doch wenn ich kein Sportler werden kann, darf ich wohl auch kein Trainer werden“, überlegt er sich. Als Übungsleiter und Rettungsschwimmer lässt sich auch Geld verdienen. Dann kommt die Wende. Während Ulf in Zippendorf, Kalkwerder oder dem damaligen Waldbadverträumt aufs Wasser starrt, überlegt er, wie es weitergehen soll. Ein Sportstudium kommt nicht mehr in Frage. Überall werden die Trainer entlassen. Nach mehreren „berufl ichen Experimenten“ kehrt er 1993 wieder in den Sportbereich zurück. Er bewirbt sich bei der Stadtverwaltung und bekommt einen Job als Rettungsschwimmer in Schwerins Schwimmhallen. Als er sieht, wie die Schwimmlehrer die Kinder unterrichten, denkt er sich, „das kannst du auch“. Ulfs Schwimmschule ist geboren. Das war 1996. Als im Einkaufscenter Wurm der Funtastik Club eröffnet, steht er auf der Matte. Seitdem bringt er hier seit zehn Jahren Kindern das Schwimmen bei. Statt am Beckenrand zu stehen, mischt er sich unter die fröhlich, manchmal auch aufgeregt klopfenden Herzen. „Wichtig ist, dass Eltern ihren Kindern keinen Druck machen“, so Ulf, „noch drei Mal, dann kannst du schwimmen. Oder dann können wir im Urlaub aufs Schiff. Solche gut gemeinten Ratschläge erzeugen enorm viel Stress.“
Festgestellt hat der Schwimmlehrer auch, dass die Kinder immer jünger werden. Vor ein paar Jahren waren sie noch sieben oder acht Jahre alt, heute habe ich vor allem Vier- und Fünfjährige im Becken. Unter ihnen ist auch manchmal seine Tochter Maya Svea. Die hat er schon mit 4 Wochen mit ins Wasser genommen. Wenn die Kleine dann hungrig nach Hause kommt, steht das Essen schon auf dem Tisch. Denn Ulf kocht für sein Leben gern und hat Frau Mona gänzlich vom Herd verbannt. Im Kochtopf rührend, kann Ulf am besten nachdenken - von seinem einzigartigen Haus, das er demnächst in Schwerin eröffnen will. Schon jetzt bietet er in seiner Schwimmschule zu besonderen Anlässen originelle Kinderpartys mit Übernachtung an. Leidenschaftlich schwärmt Ulf von seiner Idee: „Im eigenen Objekt werden wir dann etliches mehr ankurbeln, vom Babysitter- Service bis hin zur sportlichen Kinderspätbetreuung. Es wird ein Haus des Kindes.“