16.12.2011

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Vom Glück und anderen Dingen

Stefanie Lehmann ist Mecklenburg-Vorpommerns erste und einzige Schornsteinfegermeisterin
Stefanie Lehmann, Foto: Dr. Petra Gansen
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Ihr Händedruck ist kräftig, der Blick offen und selbstbewusst. Die Frage, wie sie wohl ihren Job beherrscht, hat sich für mich bereits an dieser Stelle erübrigt.
Stefanie Lehmann ist Mecklenburg-Vorpommerns erste und einzige Schornsteinfegermeisterin und hat Anfang 2011 ihren ersten eigenen Kehrbezirk übernommen. In Schwerin und dem dörflichen Umland steigt die 27-Jährige den Leuten aufs Dach oder misst Brennwertgeräte aus. Zu ihren Werkzeugen gehört das Kehrgerät mit Kehreinlage, Aufschlagkörper, Kugel und Leine. Zunehmend gewinnt der Messkoffer mit Endoskop, Messgerät und einem kompletten Werkzeugsatz an Bedeutung.

Flachdach mit Ostseesicht

Dass sie Schornsteinfegerin werden würde, stand für die geborene Klützerin schon früh fest. Diese Berufswahl ist vor allem das Ergebnis familiärer Prägung. Denn mit Vater Frank Lehmann, der auch Schornsteinfeger ist, war Stefanie schon von Kindesbeinen an ständig unterwegs. Nach dem Schulabschluss wurde er von 2001 bis 2004 ihr Lehrausbilder. „Meine Familie hat mich immer toll unterstützt“, sagt Stefanie Lehmann. „Vor allem meine Mutter stand immer hinter mir und hat mir nie das Gefühl gegeben, dass sie mich lieber in einem anderen Beruf gesehen hätte.“

Das erste Dach, das sie bestieg, findet man deshalb auch in ihrem Heimatort Klütz. „Da muss ich so zehn oder elf Jahre alt gewesen sein. Es war natürlich ein Flachdach. Ich kann mich noch heute an die traumhafte Sicht bis über die Ostsee erinnern.“

Krafttraining nach Feierabend

Gab es Bedenken in der von Männern dominierten Branche? „Vorurteile muss man dadurch widerlegen, dass man es kann“, sagt Stefanie Lehmann auf die Frage, wie sie sich im Kreis der ausschließlich männlichen Fachkollegen im Land behauptet.
Während ihrer Ausbildung hat die schlanke, großgewachsene Frau nach Feierabend Krafttraining und Spinningkurse absolviert, um nicht in die Situation zu kommen, Kollegen um Hilfe bitten zu müssen und damit eventuelle  Klischees über das „schwache Geschlecht“ zu bestätigen. 

Bis 2006 blieb Stefanie Lehmann noch als Gesellin im väterlichen Betrieb und wechselte dann nach Greifswald zu Ingo Ziola, dem Obermeister der Landesinnung der Schornsteinfeger. Da steckte sie auch schon mitten in der berufsbegleitenden Meisterausbildung.

Jahrgangsbeste

2008 schloss sie die Prüfung als Beste des gesamten Jahrgangs ab und ist inzwischen geprüfte Gebäudeenergieberaterin. Gerade hat sie auch noch die Prüfung zur „Sachverständigen für das Schornsteinfegerhandwerk“ bestanden.
„Ich lerne einfach sehr gerne“, kommentiert die junge Meisterin ihre sehr umfangreiche Liste an Fort- und Weiterbildungen. Vom Existenzgründerkurs über ein Seminar für betriebliches Management bis hin zum Lehrgang zur Elektrofachkraft bei der Handwerkskammer gibt es in ihrem Gewerk kaum eine Bildungsmaßnahme im Land, die ohne sie läuft. 

„In unserem Geschäftsfeld ändert sich ständig irgend etwas. Neue Technik, neue Gesetze, neue Umweltbestimmungen. Wer da nicht auf dem Laufenden ist, verpasst schnell den Anschluss. Ich bin eine Perfektionistin und für mich ist es völlig selbstverständlich, dass mein ganzes Berufsleben ein ständiger Lernprozess sein wird.“
Dass sich beim Fegen der Ruß auf ihren Anzug legt und dass es teils hoch hinaus geht, gehört für Stefanie Lehmann dazu.  Auch wenn sie seit März dieses Jahres ein Geselle unterstützt, will sie weiterhin selbst auf die Dächer und zu den Kunden. „Ich habe diesen Beruf nicht gelernt, um nur am Schreibtisch zu sitzen.“

Mutter, Marathon und Motorrad

Es ist ein großes Glück, Schornsteinfegerin zu sein! Neben dem Beruf findet Stefanie Lehmann zum Beispiel kleine Glücksschnipsel beim Marathonlauf. Sie überquerte bereits die Ziellinien in Magdeburg, Rostock, auf Rügen, auf dem Darß und in Potsdam.
Oder beim Motorradfahren. Eine 1.000er Yamaha FZ 1 wartet auf die nächste Ausfahrt.
Oder während der Besuche bei ihrer Mutter und der Oma, die bei Klütz leben. Auch wenn dort Handwerker gebraucht werden, ist Stefanie eine große Hilfe. Fliesen legen, Tapezieren oder Mauern – kein Problem!
Natürlich möchte sie auch selbst Glück verschenken. „Wenn der Lotto-Jackpot sehr voll ist, kommen die Leute schon zu mir und lassen mich ihre Lotto-Scheine berühren.“