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Unruhige Zeiten
Schwerin, vor 850 Jahren von Heinrich dem Löwen gegründet, präsentiert sich heute als Stadt mit unverwechselbarem Flair. Als „Stadt der Seen und Wälder“ besang sie einst der Gelehrte Friedrich Lisch. Heute ist die Landeshauptstadt Mecklenburg- Vorpommerns wegen ihres märchenhaften Schlosses, der wunderschönen Gärten und ihrer einmaligen Kunstschätze ein Anziehungspunkt für Besucher aus Nah und Fern. In monatlichen Folgen erzählt Bernd Kasten, Leiter des Schweriner Stadtarchivs, die Geschichte der Jubilarin.
Der Missionar Berno hatte im wendischen Schwerin schon zu Niklots Zeiten eine christliche Gemeinde sammeln können. Das scheinen Ausgrabungen eines christlichen, wahrscheinlich obotritischen Friedhofes unter dem heutigen Schweriner Rathaus zu belegen. Heinrich der Löwe berief Bischof Berno von der Burg Mecklenburg schon bald als Bischof in das neue „sächsische“ Schwerin. Der weihte am 11. September 1171 die erste Bischofskirche ein. Die Geschicke Schwerins wurden fortan stets von ihren beiden mächtigen Stadtherren bestimmt. Der Graf mit seinen Rittern und der Bischof mit seinen Domherren herrschten über die Stadt. Im Gegensatz zu heute hatten Rat und Bürgermeister nur wenig zu sagen. Am Dom wurde jahrhundelang gebaut. Das erste im romanischen Stil errichtete Gebäude wurde bald wieder abgerissen und durch die auch heute bestehende mächtige gotische Kathedrale ersetzt.
Neid auf Hansestädte
Im Schatten von Dom und Burg konnte man das kleine Rathaus leicht übersehen. Eine Kaufmannsstadt ist Schwerin nie geworden. Abseits der Handelswege gelegen, blickten die Bürger mit Neid auf die reichen Hansestädte Wismar und Rostock. Der ursprünglich 75 mal 75 Meter große quadratische Marktplatz wurde nach und nach bis auf einen kleinen Rest bebaut. Die meisten Bewohner waren Handwerker. Weber, Schmiede, Schlachter, Bäcker, Tuchmacher, Kürschner, Schuster, Schneider und Gerber sind mit eigenen Zünften vertreten. Aber auf der Schelfe und am großen Moor gab es auch noch zahlreiche Bauernhöfe mit Stallungen und Scheunen. Die Zeiten waren unruhig, vor der Stadt wollte niemand wohnen, hier gab es nur Gärten. 1340 erhielt die Stadt eine neue Stadtmauer, die die alte hölzerne Palisade ersetzte.
„Vom Sattel” regiert
1358 kauften die Herzöge von Mecklenburg die Stadt und die Grafschaft Schwerin. Die Herzöge herrschten wie alle mittelalterlichen Fürsten „vom Sattel“ aus, reisten durch ihr Land und verweilten selten länger an einem Ort. Als es aber gegen Ende des Mittelalters zu beschwerlich wurde, alle Urkunden, Akten, Schreiber und Kassen ständig mit sich zu führen, galt es, einen festen Standort für die Verwaltung zu finden. Ihre Wahl fiel aus guten Gründen auf Schwerin. Stadt und Burg waren gut zu verteidigen und – anders als in den Hansestädten – waren hier keine Konfl ikte mit selbstbewussten Ratsherren zu befürchten. Um 1500 zählte die Stadt kaum mehr als 2000 Einwohner, während es in Rostock fast fünfmal so viele waren.
Auch als Bischofssitz ist Schwerin übrigens seit einem Jahr überraschend wieder in aller Munde: Wenn sich die drei evangelischen Landeskirchen in Norddeutschland ab 2012 zur Nordkirche zusammenschließen, soll Schwerin Sitz des noch zu wählenden gemeinsamen Landesbischofs werden.