Lebensart
Immer in Bewegung bleiben
Der erste Blick beim Betreten des Pilates-Studios fällt auf ein großes Gerät. Ups, das sieht ja aus wie eine... „...Folterbank?“, ergänzt Dana Sterbak lachend. Natürlich kann sie dies gleich entkräften, denn die Konstruktion aus Holz, Gleitschienen und Federn ist ein Reformer, eines der beliebtesten Pilates-Trainingsgeräte – und Dana Sterbak weiß es in Bewegung zu bringen.
Im März vergangenen Jahres ist sie in Schwerin als Trainerin mit ihrem Pilates-Studio an den Start gegangen. Wer mit dem Wort nichts anzufangen weiß: Es steht für ein ganzheitliches Körpertraining, das nach seinem Erfinder Joseph Hubertus Pilates benannt ist. Ein Bild von dessen New Yorker Studio hängt heute im Studio von Dana Sterbak. Zu Recht, denn irgendwie ist dieser Joseph an entscheidenden Wendungen in ihrem Leben nicht ganz unschuldig.
In Stralsund geboren und aufgewachsen, ist Dana Sterbak eigentlich Ruderin. Mit elf hat sie angefangen, war zwischenzeitlich beim Leistungssport. Sie absolvierte in Stralsund ihr Abitur, studierte BWL, fand einen Job im kaufmännischen Bereich. Und bekam nach einiger Zeit am Schreibtisch wie so viele Menschen Rückenschmerzen. „Ich war ja weiterhin sportlich aktiv und musste trotzdem feststellen, dass ich steifer wurde“, erinnert sie sich.
Auf der Suche nach Abhilfe landete sie zuerst bei Yoga. „Doch Yoga aktiviert und belebt – wenn ich abends nach der Arbeit hinging, konnte ich oft erst um 2 Uhr in den Schlaf finden“, sagt sie. Also ein Yoga-Kurs vor der Arbeit – kein Problem in Berlin, wo Dana Sterbak zu diesem Zeitpunkt lebte und wo es nahezu alles gibt. Den Morgenkurs allerdings fand die vom Schreibtisch Geplagte dann doch nicht. Dafür aber Pilates, und sie war schnell begeistert. „Ich dachte immer, Rudern wäre der Ganzkörpersport, aber weit gefehlt“, sagt die 48-Jährige. An Pilates gefällt ihr, dass es sowohl dabei hilft, die Muskulatur zu kräftigen und den Körper zu stabilisieren als auch die Beweglichkeit zu fördern – und sich so wieder rundum wohl und fit zu fühlen.
Dana Sterbak bekommt sehr häufig zu hören, dass Menschen schon Jahre nicht mehr regelmäßig sportlich aktiv waren. Sie erfährt, dass viele bereits resigniert haben, jemals wieder alte Fitness erlangen zu können. „Dabei heißt es nicht ohne Grund: Bewegung heilt“, sagt die Sport-Enthusiastin, die inzwischen hauptberuflich als Trainerin arbeitet. Und wenn regelmäßiger Sport dazu führt, Dinge wieder tun oder besser als vorher tun zu können, sei das doch ein Erfolg.
Jetzt im Januar ist bei vielen die Motivation groß, endlich mit dem Sport anzufangen. Doch wie klappt‘s mit dem Durchhalten? „Wichtig ist, dass eine Routine entsteht“, nennt Dana Sterbak einen entscheidenden Punkt. Ist zum Beispiel der Mittwochabend im Kalender immer geblockt, müssen andere Verabredungen von vornherein anders geplant werden. Auch der Sport in der Gruppe kann dabei helfen, sich mehr verpflichtet zu fühlen.
Gruppenkurse, unter anderem im Campus am Ziegelsee und in der Tanzschule, gehören zu Dana Sterbaks Angebot. Den Entschluss, das Angestelltendasein am Schreibtisch gegen die selbstständige Arbeit im Studio einzutauschen, hat sie nie bereut. „Im Job bin ich eines Tages an einen Punkt gekommen, an dem mir die Energie und Freude daran verloren gegangen sind. Eine ganz neue Erfahrung für mich.“ Dazu kam, dass sie irgendwann raus wollte aus Berlin: „Ich habe gern dort gelebt, habe dieses Kiezgefühl geliebt, das Bunte, das Leben und leben lassen. Doch die Stadt hat sich komplett gewandelt: Es geht vielfach nur noch ums Business, die Menschen sind gestresst, genervt, vieles funktioniert nicht.“
Also wagte Dana Sterbak ihr persönliches Abenteuer. Sie kündigte ihren Job – mit der Absicht, den bereits vor Jahren neu geschaffenen Weg als Pilatestrainerin jetzt ganz zu gehen. Die Grundlage dafür hatte sie mit einer dreijährigen Pilates-Ausbildung gelegt. Vorher setzte sie sich in den Flieger und gönnte sich für vier Monate eine Auszeit in Kalifornien. Neue Menschen und Lebensentwürfe kennen lernen, atemberaubende Landschaften sehen, ein Pilates-Kurs in San Francisco: In dieser Zeit gelang es Dana Sterbak, wieder mehr zu sich selbst zu finden. Dazu gehörte nach der Rückkehr auch die Entscheidung, Berlin in Richtung Norden zu verlassen. „Schwerin kannte ich nur aus Stegsicht von Ruderwettkämpfen, ich bin einfach losgefahren, habs mir angeschaut und gesagt, ok, ich probiere es“, erinnert sich die Neu-Schwerinerin. Ergebnis: Vom ersten Tag an ein ganz anderes, viel entspannteres Leben, in dem das In-der-Natur-sein keiner Anreise bedarf. Im Sommer will sie – Ameisen hin, Bodenwellen her –auch mal Pilates-Kurse nach draußen verlegen.
Für ihr Pilates-Studio wünscht sich Dana Sterbak, dass noch mehr Menschen die Möglichkeiten dieses Trainings entdecken und merken, dass es ihnen gut tut. „Niemand ist zu alt oder zu jung und in den meisten Fällen auch nicht zu krank dafür“, sagt sie und fügt hinzu: „Der eigene Körper verdient es, gepflegt zu werden – und dazu gehört Bewegung.“
Katja Haescher