22.04.2014

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„Ich brauche Capoeira“

„Unglaublich vielfältig“: Michael „Mitch“ Michallek erobert mit brasilianischer Sportart Herzen der Schweriner
Noch sind die Capoeiristas eine kleine Truppe in Schwerin, aber sie kämpfen sich fröhlich ins Bewusstsein der LandeshauptstädterFotos: Anja Bölck
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Ellen ist eine falsche Schlange. Mitch muss sich vorsehen. Ihre Augen verengen sich zu schmalen Schlitzen. Der Körper tänzelt angriffslustig hin und her. Und dann. Rasend schnell, fliegt ihr Fuß seiner Brust entgegen. Mitch weicht geschickt aus. Er beginnt, sich auf das Spiel einzulassen. Wie zwei kleine Äffchen tollen sie jetzt herum, ohne einander zu berühren. Das ist Capoeira.
Eine Sportart, die nach Caipirinha klingt und bei der die meisten Schweriner nur die Stirn runzeln würden, wenn man sie danach fragen würde. Tun wir aber nicht. Schließlich wollen wir uns auf dieser Seite mal Mitchs Lieblingssportart zur Brust nehmen. Eine Kampfkunst, die im 17. Jahrhundert durch afrikanische Sklaven im Untergrund als Verteidigung gegen die Kolonialherren in Brasilien entwickelte wurde.
Dazu tänzeln wir an den Anfang der Geschichte, in das Jahr 2007. „Zu diesem Zeitpunkt haben drei Mädels angefangen, in Lankow eine Capoeira-Gruppe aufzubauen“, erinnert sich Mitch, der im großen und ganzen Michael Michallek heißt. Die Mädels sind heute nicht mehr dabei. Und die Truppe trainiert auch nicht mehr in Lankow, sondern mitten in der Feldstadt, in der Turnhalle der Niels-Stensen Schule.
Mitch ist dabei geblieben und leitet mittlerweile das Training. Gemeinsam mit Ellen, die natürlich gar keine falsche Schlange ist und mit Nachnamen sogar Maus heißt. Für beide ist diese Kampfkunst zum Lebenselixier geworden. „Ich brauche Capoeira, sonst werde ich krank“, sagt Mitch, der gebürtiger Schweriner ist und nach einem anderthalbjährigen Abstecher nach Holland wieder Fuß fasste in seiner Heimat.
Dank Capoeira hat sich der 32-Jährige mehrmals gehäutet und ungeliebte Persönlichkeitsmerkmale abgestreift. „Diese Sportart ist so unglaublich vielfältig“, sagt er. „Du lernst Stärken und Schwächen kennen, schaffst Ängste zu überwinden. Wir Capoeristas sind ständig in Bewegung wie zwei Atome. Ich denke, es ist letztlich aber diese Mischung aus Kampf, Tanz und Musik, die uns ein
wunderbares Körpergefühl verschafft.“
Das Mitch bestens gebrauchen kann. Immerhin muss er als Mitarbeiter im Schweriner Kletter-
wald körperlich fit und vor allem mit allen Sinnen bei der Sache sein. Starke Nerven beweist er auch beim Capoeira-Training, zu dem Teenager und Erwachsene reinschauen. Alle trainieren zusammen, egal ob Anfänger oder Fortgeschrittene, Talentierte oder weniger Gelenkige. Jeder hilft jedem.
 „Mitch und Ellen sind so wunderbare Trainer und mit allen auf gleicher Augenhöhe“, lobt Susanne Kämmler, die gerade ihren Sohn vom Training abholt. „Ja und Mitch ist so ein uriger Typ“, mischt sich ein Vater ein. „Für meinen Sohn ein richtiges Vorbild. Da lässt er sogar das Computerspielen sausen.“ Übrigens bieten Mitch und Ellen mittlerweile sogar Capoeira für Kinder an. Das Training findet ab sieben Jahren aufwärts in der Montessori-Schule statt. Wer nach längerem Schnuppern bereit ist, sich der Trainingsgruppe anzuschließen, bekommt traditionsgemäß einen Capoeira-Namen und schlüpft dadurch ein wenig in eine parallele Identität. Mitch wurde der Name Jupiter verliehen. Wohl weil der 32-Jährige Großes vorhat mit dem Capoeira-
Sport in Schwerin. Statt Gürtel zu tragen wie beim Judo, binden sich die Capoeiristas Kordeln um. „Jede Kordel repräsentiert ein Element der Natur“, erklärt Mitch und zeigt seine blaue Kordel. Sie stellt die Weite des Meeres dar und verrät, dass Mitch schon eine ganze Weile dabei ist. Dass auch seine Reise aber noch lange nicht zu Ende ist. Anja Bölck

Trainingszeiten: Dienstag 17 bis 19 Uhr, Donnerstag 18 bis 20 Uhr. www.capoeira-schwerin.de