17.08.2018

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Von der Mathestudentin und Putzfrau zur Medizinerin

Dr. Sabine Bank ist eine erfahrene Ärztin, die sich einen Jungmädchentraum erfüllt hat
Dr. Sabine Bank wartet derzeit auf eine Zulassung als Allgemeinärztin in Schwerin. Foto: Anja Bölck
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Diese Frau ist ein Hansdampf in allen Gassen. Mal reist sie nach Tansania, um Missionarin Mamma Massai mit medizinischem Sachverstand unter die Arme zu greifen. Im nächsten Augenblick engagiert sie sich als Schweriner Stadtvertreterin für die Fraktion Unabhängige Bürger, kämpft hier, als noch niemand so recht dran glaubt, für rauchfreie Zonen und Mindestlohn. In anderen Momenten ist die Ärztin in Hospizen unterwegs, um Todkranke zu versorgen.

Wie kannst du nur in der Palliativmedizin arbeiten? Diese Frage bekommt sie oft zu hören. Und stets antwortet sie daraufhin: „Wenn ich es schaffe, dass die Schmerzen und Ängste weniger werden, ist doch viel erreicht. Man muss nur aufpassen, dass man nicht zu sehr zusammenwächst.“
Mit den Patienten, die sie seit Jahren als Allgemeinärztin betreut, wächst sie jedoch gern zusammen. Da wird schon mal eben ein Beratungsgespräch auf den Feierabend im Café verschoben, weil da mehr Zeit ist. Als in ihrer damaligen Praxis im Mueßer Holz immer mehr Russlanddeutsche reinschauen, ruft sie sich gemeinsam mit ihren Schwestern die in der Schule gelernte Sprache ins Gedächtnis zurück.
Jahrelang fährt sie mit Patienten in den Urlaub. „Mit Menschen, die sich eingeigelt hatten und sich nicht trauten, anderweitig Kontakte zu knüpfen“, erinnert sich Dr. Sabine Bank. „Frauen und Männer, die drei Mal die Woche bei mir in der Praxis saßen. Auf den Reisen verschwanden ihre Wehwehchen wie von selbst. Es bildeten sich Grüppchen und Freundschaften mit der Folge, dass diese Patienten viel seltener im Wartezimmer saßen.“

Kein Wunder, dass die so Umsorgten der Frau etwas zurückgeben wollen. Und so wird Dr. Sabine Bank in der Bild-Zeitung zur Ärztin des Jahres gekürt. „Die Aus-zeichnung durfte ich mir in der obersten Etage des Springer-Verlages abholen“, erzählt sie mit ihrem typisch schelmischen Lächeln. „Dort, wo noch geraucht werden darf.“

Weil sie viel davon hält, wenn Ärzte unter einem Dach zusammenarbeiten, wechselt sie 2008 ins MVZ Schwerin (Medizinisches Versorgungszentrum). Doch es gibt Entwicklungen, die ihr  missfallen, und auch die Chemie stimmt nicht mehr. Daraufhin verlässt Dr. Sabine Bank Ende 2017 den Praxisverbund. Da ihre Lust am Arbeiten ungebrochen ist, schaut sich die 63-Jährige nach geeigneten Praxisräumen um.
Vielmehr sind es ihre Patienten, die sich emsig auf die Suche begeben und in der Wismarschen Straße 150 die passenden Räume finden.

Frohgemut beantragt die Medizinerin im Oktober letzten Jahres ihre Zulassung bei der Kassenärztlichen Vereinigung Schwerin – und erhält prompt die Absage. Auf dem Land könne sie eine Praxis aufmachen. Dort auf der Ecke gebe es jedoch genug Hausärzte. Dr. Sabine Bank kann es nicht glauben, ist geschockt, aber zum Glück nicht sprachlos: „Ich verstehe das nicht. Hier drumherum gibt es viele Allgemeinärzte, die gar keine Patienten mehr aufnehmen. Und was soll ich in meinem Alter noch auf dem Dorf neu anfangen? Meine Patien­ten leben in Schwerin. Bei den Zahnärzten wurden die kaum mehr zeitgemäßen Zulassungsbeschänkungen übrigens vor anderthalb Jahren aufgehoben.“

Dr. Sabine Bank befindet sich nun in einer verzwickten Lage. Sie würde gern praktizieren, wie sie es kennt, kann aber nicht. Die Patien­ten warten. Denn bevor sie nicht die Zulassung hat, müssen sie die Behandlungskosten privat bezahlen. Das aber können die wenigsten. Dabei würde Dr. Sabine Bank schon eine halbe Stelle reichen. „Ich möchte noch vier, fünf Jahre bis zur Rente als Ärztin arbeiten. Und vor allem würde ich gern jemanden ausbilden, der meine Praxis übernimmt. Da gab es sogar schon einen Interessenten. Doch nun?“

Gern würde die Ärztin ihren gro­ßen Erfahrungsschatz weitergeben, so wie sie es schon die vergangenen Jahre getan hat. Am liebsten sind ihr Quereinsteiger, wie sie selbst einer ist. Anfangs hat sie Mathematik studiert, dann vorübergehend als Putzfrau im Krankenhaus gearbeitet, bis sie schließlich ihren Jungmädchentraum erfüllen und ein Medizinstudium anfangen konnte.
Die Schwerinerin ist überzeugt: „Wer Arzt werden möchte, sollte dies aus Leidenschaft tun und nicht, weil seine Eltern es sind. Und was nützt ein Lerntyp, der zwar alles Einsen in der Schule hat, aber nicht mit dem Herzen dabei ist?“ Anja Bölck