17.11.2017

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„Bisschen das Helfersyndrom“

Im Porträt: Sabine Jungbluth, die als Grüne Dame arbeitet und sehr kulturinteressiert ist
Die 66-jährige Sabine Jungbluth will als Rentnerin lieber anderen helfen als nur auf der Couch zu sitzen. Foto: S. Krieg
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Sabine Jungbluth schmunzelt: „Ich sage immer, wir haben hier alle so ein bisschen das Helfersyndrom. Aber im Ernst: Ich helfe wirklich gern, und ich bin gern mit Menschen zusammen.“ Mit „alle“ meint sie die Grünen Damen in Schwerin, zu denen auch sie zählt. Aber was heißt hier Damen? Auch zwei Herren zählen zu der Gruppe von 38 Helfern, die im Krankenhaus in grüne Kittel gewandet Gutes tun.
In ihrem Berufsleben hatte sie mit Kliniken und Patienten gar nichts zu tun, dennoch führte sie ihr Lebensweg genau dort hin.

Die gebürtige Schwerinerin lernte ab 1970 Industriekaufmann im Möbelwerk in der Wismarschen Straße und arbeitete dort bis Ende 1992. Danach wechselte sie in ein Steuerbüro, wo sie eine Stelle als Sekretärin fand.
Als die Rente immer näher rückte, überlegte sie hin und her, was sie dann mit ihrer Zeit anstellen wollte, denn eines hatte sie längst beschlossen: „Ich mache irgendwas und sitze nicht auf der Couch und warte, dass es Abend wird.“ Zufällig las sie in dieser Zeit einen Artikel über die Grünen Damen und Herren – sie wusste sofort: „Das wäre genau das Richtige für mich.“

Die ehrenamtlichen Helfer in den grünen Kitteln gehören zum Verein Evangelische Krankenhaushilfe, der 1969 in Düsseldorf als Evangelische Krankenhaus- und Altenheim-Hilfe gegründet wurde. Vorbild war ein ähnlicher Freiwilligendienst in den USA. Verantwortlich für den Verein ist die Diakonie. Grüne Dame oder Grüner Herr darf aber jeder werden, ganz unabhängig von der Konfession.
Als die heute 66-Jährige vor drei Jahren tatsächlich in Rente ging, bewarb sie sich bei der Landesbeauftragten der Grünen Damen und Herren, Katrin Springer.

Vier Einsatzgebiete als Grüne Dame in Schwerin eröffnete sie ihr: Der Lotsendienst bringt Patienten von der Aufnahme zur Station. Der Besuchsdienst geht von Zimmer zu Zimmer, bietet den Pa­tienten Hilfe an, übernimmt für sie kleine Besorgungen oder plauscht einfach ein wenig mit ihnen – auch Kinder werden auf diese Art betreut. Der Bücherdienst bietet den Patien­ten Bücher zum Ausleihen an. Und der Notaufnahmedienst hält den Kontakt zwischen den Patienten in der Notaufnahme und deren Angehörigen.

„Ich habe mich gleich für den Lotsendienst entschieden“, sagt Sabine Jungbluth. „Ich organisiere schließlich gern. In der Familie bin ich auch schon immer die Organisatorin gewesen, habe ganz allein zwei Töchter und zwei Söhne großgezogen.“ Als Lotsin begleitet sie die Patienten nicht nur auf dem Weg zur Station, der gerade für Ältere manchmal ein ganz schönes Labyrinth sein kann. „Es ist auch schön, wenn man ihnen im Gespräch die Angst vor dem Krankenhaus nehmen kann, manche waren ja vorher noch nie dort“, sagt sie.

Wie zum Beispiel neulich eine 86-jährige Dame. Von dieser Frau war Sabine Jungbluth besonders beeindruckt. Die Seniorin saß im Rollstuhl, war aber trotz Krankheit fröhlich und aufgeschlossen. „Ich bewundere Patienten wie sie – die ihr Leben genießen und nie den Mut verlieren“, sagt die Grüne Dame. Schön an ihrer ehrenamtlichen Arbeit im Krankenhaus sei auch, dass sie so viel an Dankbarkeit zurückbekomme. Außerdem hält sie die 38 Schweriner Grünen Damen und Herren für „eine dufte Truppe“ – das ist ihr auch noch wichtig zu erwähnen. Für diese „dufte Truppe“ hat sie kürzlich – zusammen mit Anke Groth und Marco List – die Einsatzleitung übernommen.

Zeit bleibt ihr trotzdem noch eine ganze Menge. Die füllt sie zum Beispiel im Chor und in der Senio­rengruppe der Volkshochschule aus. „Kultur ist einfach meins“, sagt sie. Vor allem Opern und Konzerte haben es ihr angetan, weswegen sie „leidenschaftlich gern“ das Mecklenburgische Staatstheater besuche. Und körperlich fit hält sie sich zweimal die Woche in der Schwimmhalle. Ihren alten Job hat Sabine Jungbluth übrigens nicht ganz an den Nagel gehängt; einmal wöchentlich verdient sie sich im Steuerbüro ein bisschen was zur Rente dazu. S. Krieg